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Language, Text, Image. Sprache sehen, Bilder hören

 

„Can you hear me? Can you see me?“. Diese schlichten Fragen, die im Alltag digitaler Kommunikation fast beiläufig gestellt werden, bilden den Ausgangspunkt einer Ausstellung, die sich mit weit mehr beschäftigt als mit technischen Störungen. Im KAI 10 der Arthena Fundation in Düsseldorf entfaltet sich ein Parcours, der Sprache, Text und Bild als kulturelle Werkzeuge untersucht. Werkzeuge, die nicht nur Verbindungen schaffen, sondern auch Grenzen ziehen.

Schon beim Betreten wird klar: Diese Ausstellung ist kein stilles Nebeneinander unterschiedlicher Medien, sondern ein vibrierendes Gespräch zwischen Stimmen, Bildern und Erinnerungen. Mal klingt es politisch, mal poetisch, mal fast flüchtig. Stets aber präzise im Blick auf die Frage, wer gehört und gesehen werden darf.

Ein Blick zurück führt zu den Fotografien von Gordon Parks aus den 1950er-Jahren, in denen der Alltag der Segregation im Süden der USA sichtbar wird. Sprache erscheint hier als Regulativ: Schilder, die Menschen trennen, markieren die Macht des Geschriebenen über Körper und Orte. Jahrzehnte später greifen Künstlerinnen wie Gillian Wearing diese Verbindung von Text und Subjekt neu auf: Ihre Porträtierten halten Schilder mit eigenen Gedanken in die Kamera. Ein stiller Widerhall gesellschaftlicher Zwänge, zugleich eine Geste der Selbstermächtigung.

Die Ausstellung setzt bewusst auf Vielfalt: John Baldessari und Gary Hill repräsentieren mit Videoarbeiten die Tradition der konzeptuellen Sprachanalyse, während Nadine Fecht die Regeln und Reibungen sprachlicher Ordnungen sichtbar macht. Daneben eröffnen die poetisch verspielten Arbeiten von Natalie Czech und Markus Vater neue Räume der Lesbarkeit, in denen Text und Bild ineinander übergehen.

Besonders eindrücklich ist der textile Strang der Schau: Der National AIDS Memorial Quilt, das größte Gemeinschaftskunstprojekt seiner Art, trägt Erinnerung in Stoffbahnen, in Farben und Symbolen. Die handgefertigten Decken sind Monumente der Trauer und zugleich sichtbare Archive einer marginalisierten Geschichte. Auch Alice Bidault und Ayşe Erkmen nähern sich textilen und typografischen Strukturen: Bidault zitiert die Knotentechnik der Inkas, während Erkmen lateinische Buchstaben so fragmentiert, dass sie wie Spuren einer archaischen Schriftsprache erscheinen.

Die Ausstellung Language/Text/Image macht deutlich, dass Geschichten nie festgeschrieben sind. Sie entstehen aus Erfahrungen, werden geteilt, verändert und neu erzählt. In einer Zeit, in der Kontrolle und Sicherheit hoch im Kurs stehen, erinnert die Ausstellung daran, wie wichtig es bleibt, Unsicherheiten und Missverständnissen Raum zu geben. Denn genau dort öffnen sich neue Möglichkeiten des Sehens, Hörens und Verstehens.

kaistrasse10.de