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Beatrice Richter – Kunst zwischen Impuls und Konstruktion

 

Die Düsseldorfer Künstlerin Beatrice Richter arbeitet in zwei sich scheinbar widersprechenden Verfahren. Zum einen entstehen frei gesetzte Tuschezeichnungen auf Naturpapier, die in einem konzentrierten wie meditativen Zustand entstehen. Die Bewegung der Hand überträgt sich direkt auf das Papier. Ein körperlicher Akt, bei dem die Geste den Charakter des Bildes bestimmt. Der Kunsthistoriker Dr. Emmanuel Mir beschrieb diesen Moment in Richters Arbeiten als eine Situation, in der „die Geste alles ist“.

Zum anderen greift Richter auf ein bewusst komponiertes Verfahren zurück: Bildteile, die sie als ungenügend empfindet, werden nicht verworfen, sondern als Ausgangsmaterial für Collagen archiviert. Diese Fragmente, ursprünglich in einem spontanen Schaffensrausch entstanden, werden später präzise angeordnet und fixiert. Aus der Distanz wirken sie ebenso impulsiv wie ihre Zeichnungen, sind jedoch das Ergebnis einer sorgfältigen Überprüfung und Komposition.

Dieser Ansatz folgt einer konsequent ressourcenschonenden Haltung. Richter verwendet so wenig neues Material wie möglich, integriert Reste aus früheren Arbeitsprozessen und nutzt sogar das gefärbte Wasser aus dem Auswaschen der Pinsel erneut. Für sie ist es ein materielles Zeugnis der Entstehungszeit des Werkes und Teil eines Kreislaufs, in dem nichts verloren geht.

Inhaltlich beschäftigt Beatrice Richter der Perspektivwechsel. Unter dem Ausstellungstitel From a distance thematisierte sie, wie sich Wahrnehmung mit der Entfernung verändert. Nicht das Objekt selbst, wohl aber dessen Bewertung. Damit hinterfragt sie die Sicherheit unseres Sehens und die vermeintliche Beständigkeit der Dinge.

Richters Werke oszillieren zwischen authentischer Geste und bewusst inszenierter Form. Besonders deutlich wird dies in großformatigen Arbeiten, bei denen dynamische Farbsetzungen in kleinere Bildfelder unterteilt sind. Wie ein visuelles Mosaik offenbaren diese Strukturen die Konstruktion hinter dem scheinbar spontanen Ausdruck.

Beatrice Richter bewegt sich damit in einem gestalterischen Zwischenraum: frei und kontrolliert zugleich, unmittelbar und reflektiert. Ihre Kunst lädt dazu ein, zwischen Nähe und Distanz, zwischen Zufall und Planung immer neue Ebenen zu entdecken.

beatricerichter.de