Wenn Magie zur Strategie wird – Künstlerinnen zwischen Ritual, Identität und Widerstand

 

Mit der Ausstellung Magische Frauen widmet sich die Draiflessen Collection künstlerischen Positionen des 20. und 21. Jahrhunderts, die Magie, Okkultes und Spiritualität aus feministischer Perspektive neu befragen. Zu sehen sind Werke von Myrlande Constant, Cordula Ditz, Mary Beth Edelson, Bev Grant, Vivian Greven, Rebecca Horn, Ana Mendieta, Zanele Muholi, Wangechi Mutu, Rosana Paulino, Paloma Proudfoot, Gillian Wearing und Portia Zvavahera. Die Ausstellung führt vor Augen, wie eng Fragen nach Magie, Macht und Weiblichkeit miteinander verflochten sind und wie Künstlerinnen diese Themen nutzen, um gesellschaftliche Ordnungen und Geschlechterbilder zu reflektieren und zu transformieren.

Der Begriff des Magischen durchzieht Sprache, Alltag und Kultur: Wir sprechen von magischen Momenten, Orten oder Kräften. Auch in der Gegenwartskultur, von Mode bis Social Media, erleben Astrologie, Rituale und okkulte Symbole ein bemerkenswertes Comeback. Doch die Faszination für das Übersinnliche ist keine neue Erscheinung. Seit Jahrhunderten prägen Figuren wie Hexen, Seherinnen oder Hohepriesterinnen das kulturelle Bild weiblicher Macht. Diese Frauenfiguren wurden ebenso verehrt wie gefürchtet und dienten oft als Projektionsfläche gesellschaftlicher Ängste und patriarchaler Kontrolle.

Magische Frauen nimmt diese historischen Zuschreibungen auf und zeigt, wie Künstlerinnen sie kritisch befragen und neu interpretieren. Ihre Arbeiten machen sichtbar, dass das Magische nicht nur mit Geheimnis und Irrationalität verbunden ist, sondern auch mit Wissen, Intuition und Widerstandskraft.

Was früher als Aberglaube oder Störung der Vernunft galt, wird in der zeitgenössischen Kunst zunehmend als Ausdruck von Selbstermächtigung verstanden. Viele der in Mettingen vertretenen Künstlerinnen nutzen spirituelle und magische Motive als Instrument der Gesellschaftskritik. Sie verbinden feministische, postkoloniale und aktivistische Perspektiven, um etablierte Machtverhältnisse zu hinterfragen und alternative Formen des Wissens zu erproben.

Die Werke von Ana Mendieta oder Rebecca Horn etwa untersuchen die Verbindung von Körper, Natur und Ritual. Zanele Muholi und Wangechi Mutu setzen sich mit Identität, Spiritualität und dem kolonialen Blick auseinander. Cordula Ditz und Gillian Wearing wiederum reflektieren die mediale Inszenierung weiblicher Rollenbilder und Selbstbilder. Gemeinsam entfalten sie ein vielstimmiges Panorama, in dem Magie zum ästhetischen und politischen Werkzeug wird.

Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wie sich Künstlerinnen das Magische als künstlerische Sprache aneignen und seine Deutungsmacht verschieben. Indem sie Rituale, Symbole und Mythen neu verhandeln, eröffnen sie Räume jenseits rationaler Kategorien und patriarchaler Wertsysteme. Themen wie Körperpolitik, weibliche Sexualität, Identität und Spiritualität werden so zu zentralen Feldern künstlerischer Forschung.

Magische Frauen begreift das Magische als Möglichkeit, die Grenzen zwischen Wissen und Glauben, Realität und Vorstellung, Individuum und Kollektiv zu überschreiten. In der Zusammenschau entsteht ein vielschichtiges Bild weiblicher Kreativität und spiritueller Selbstbehauptung. Ein Plädoyer für die Kraft der Imagination in Zeiten gesellschaftlicher und ökologischer Umbrüche.

26.10.2025 bis 22.02.2026

draiflessen.com

 
Weiter
Weiter

Daniel Preece – The Poetics of Absence